Heizen mit Holz


In den letzten Jahren versuchen Hersteller von Holzfeuerungsanlagen, trotz der erheblichen Rauchbelästigung ein positives Image aufzubauen nach dem Motto "Holz ist Biomasse und Bio ist gesund". Der Smog, der sich in der Heizperiode über Aschaffenburg und andere Städte legt, lässt berechtigte Zweifel aufkommen.

Die Schreinerei Kullmann in Aschaffenburg verbrennt Holzabfälle

Die Befürworter von Holzfeuerungen geben an, dass das Holz eine neutrale CO2-Bilanz hat. Das mag zutreffen, das war's dann aber auch schon mit den Vorteilen. Kommen wir nun zu den Schattenseiten:

Feinstaub durch Holzfeuerungen

Das Zentrum für Umweltmessungen, Umwelterhebungen und Gerätesicherheit in Baden-Württemberg hat für verschiedene Heiz-Energieträger die folgenden Feinstaub-Emissionen ermittelt:
Erdgas: 0.108 mg/kWh
Heizöl: 6.12 mg/kWh
Holz (natur): 370.8 mg/kWh.
Danach erzeugt eine Holzheizung die gleiche Menge an Feinstaub wie etwa 3700 Gasheizungen! Zugegeben: Man hat den bezüglich Feinstaub ungünstigsten Fall einer Naturholzfeuerung gewählt. Pellet-Heizungen verbrennen sauberer, produzieren aber dennoch wesentlich mehr Feinstaub als moderne Öl- oder Gasheizungen.

Verbrennung behandelter Hölzer

ist verboten, weil dabei eine ganze Palette giftiger Stoffe über die Nachbarschaft verteilt wird. Hoffentlich hält sich jeder dran. Je nachdem, wie die Hölzer behandelt wurden, ist ein Nachweis im Ruß auch nach Monaten noch möglich.

Problem Schreinereien

Für holzverarbeitende Betriebe gibt es derzeit noch lt. 1. BImschV, §6 (2) Sonderregeln, daher ist die Gesundheitsgefährdung in der Nachbarschaft solcher Betriebe evtl. noch höher. Trotzdem müssen in der Nachbarschaft einer Schreinerei nicht beliebige Immissionen hingenommen werden (BImSchG §§22,24).

Bedienungsfehler

Was tut die Politik?

Bundesweit trat 2010 eine Verschärfung der 1. BImschV (1. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) für Kleinanlagen bis 15 kW in Kraft, die mit - allerdings sehr langen Übergangsfristen - auch vorhandene Anlagen betrifft. Für größere Anlagen gibt es bereits strengere Auflagen. Geplant ist, in einem ersten Schritt überhaupt Grenzwerte einzuführen, zumindest für Anlagen größer 4 kW (Heizkessel) oder 8 kW (Öfen, Kamine). Diese dürften bei 100 mg Staub/m3 Abluft liegen, bei einigen Anlagen bis zur Hälfte darunter. In einer zweiten Stufe wird 2015 eine deutliche Verschärfung der Grenzwerte eingeführt.

Was ist rechtlich möglich?

In Ergänzung dazu schützen bereits immer mehr Städte Ihre Bürger durch angemessene Regelungen nach dem Regensburger Vorbild. Andere Städte müssen hingegen erst durch Klagen motiviert werden, etwas zu unternehmen (z.B. Stuttgart, Verwaltungsgericht Stuttgart, Az.:16 K 1120/05 und 16 K 1121/05). Insbesondere die Neuregelung der 39. BImschV aufgrund der EU-Feinstaubrichtlinie 1999/30/EG ist ein wirksames Instrument zur Disziplinierung untätiger Kommunen. Das Ziel der EU-Richtlinie ist, dem Bürger ein einklagbares Recht auf zumutbare Atemluft zu geben.

Feinstaubprozesse in Großstädten

München2005Die Ansicht des VG München, ein Einzelner hätte kein Anspruch auf Luftreinhaltung (M1E05.1112, 1E05.1115), widerspricht der EU-Richtlinie und entbehrt nicht einer gewissen Komik. Erst in zweiter Instanz (BayVGH, Az. 22 BV 05.2462) hatte der Kläger Erfolg.
Stuttgart2005erfolgreich schon in 1. Instanz (VG Stuttgart 16K 1121/05, 16K 1120/05)

Das Urteil BVerwG 7 C 36.07 vom 27.09.2007 (und des EuGH vom 25.07.2008) trägt entscheidend dazu bei, dass die Rechte jedes einzelnen Betroffenen nicht nur theoretischen Charakter haben, sondern wirksam durchgesetzt werden können.

Dort wo Grenzwerte fehlen (und selbst bei einer Unterschreitung) kann bereits jetzt BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz) §22 und §24 angewandt werden. Das BGB definiert in §906, dass eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegen muss, bei einer Rauchfahne aus der unmittelbaren Nachbarschaft kann davon ausgegangen werden, damit besteht ein Unterlassungsanspruch (s. Urteil Urteil 5 S 75/08 des Landgerichts Stade v. 19.12.2008).

In Einzelfällen können baurechtliche Vorschriften zum Tragen kommen, bundesweit z. B. das SchfG (Schornsteinfegergesetz) bezüglich Überprüfungspflichten, in Bayern z. B. die BayBO und insbesondere die FeuV, die Mindestabstände zu Strukturen in der Umgebung definiert.

Ausbreitung von Emissionen

Bei Windstille, besonders bei Inversionslagen, befindet sich eine hohe Schadstoffkonzentration in der unmittelbaren Nachbarschaft des holzbeheizten Gebäudes. Durch Wind werden die Schadstoffe verdünnt und in größere Entfernungen getragen. Interessant ist der Wikipedia-Artikel zur Schichtungsstabilität der Erdatmosphäre. Durch Turbulenzen an Dachkanten können sich auch im Windschatten von Gebäuden hohe Schadstoffkonzentrationen anreichern. Auch bei Beschwerden von Betroffenen wird die Häufigkeit anhand einer Windrichtungsstatistik abgeschätzt. Diese großräumige Statistik kann jedoch bei lokal abweichenden Windverhältnissen (Gewässer, Täler, Flurwinde) ungültig sein. Wenn danach in mindestens 3% der Jahresstunden eine Beeinträchtigung festgestellt (z. B. Geruchsschwellenwert), sind Maßnahmen erforderlich.

Was ist technisch möglich?

Die sinnvollste Maßnahme ist sicher auf die Holzverbrennung zu verzichten. Aber auch zwischen den Holzfeuerungen gibt es Unterschiede. Die Verbrennung von Scheithölzern und Holzstücken erzeugt die größten Mengen an Feinstaub, Kohlenmonoxid und anderen Rauchbestandteilen. Am günstigsten, aber immer noch deutlich schlechter als Öl oder Gas, sind Pelletöfen. Sobald strengere Auflagen für neue oder auch Altanlagen beschlossen sind, wird sehr schnell ein Markt für Systeme zur Abgasreinigung (z.B. Filter) entstehen.

Normen

Weitere Links

Rechtsquellen Immissionschutz bei Umwelt-Online
Geruchsimmisionsrichtlinie (GIRL) NRW (inzwischen von fast allen Bundesländern übernommen)
Zeit-Artikel "Das Ende der Gemütlichkait" Magazin 19/2006
Spiegel-Artikel zum Feinstaubproblem in Kurorten (INMEKO) vom 25.09.2007

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